Wenn sich Speditionen für die Einführung eines neuen Transportmanagementsystems (TMS) entschieden haben, müssen sie wichtige Weichen für das Projekt stellen. Denn sie begegnen oftmals Angst vor der Größe der Aufgabe und Respekt vor dem benötigten Wissen, das sich meist auf zu wenige Personen verteilt – Stichwort: Kopfmonopole.
Meine drei wichtigsten Tipps für die erfolgreiche Einführung eines neuen TMS-Systems:
- die eigenen Prozesse hinterfragen und verbessern
- offene Systeme mit Programmierschnittstellen (API) auswählen
- fachliche Themen trennen und das TMS für Kernprozesse verwenden
Diese Empfehlungen führen zu den grundlegenden Erfolgsbedingungen und vermeiden so gut es geht Fehler, die den Projekterfolg gefährden.
Wer immer nur das Gleiche tut, darf nicht mit einem anderen Ausgang rechnen. Bei der Einführung eines neuen TMS heißt das: Es sind sämtliche Prozesse anhand der Projektziele zu überprüfen. Allein durch eine andere Software werden die alten Abläufe nicht effizienter und es entstehen durch den bloßen Austausch keine Vorteile, mit denen sich die Investition refinanzieren lässt. Wer also neue Lösungen implementiert, der benötigt auch neue Sollprozesse. Diese sollten möglichst automatisierbar sein und so effizient wie möglich ablaufen. Bei ihrer Definition sollten unbedingt sämtliche Gruppen aus dem Unternehmen einbezogen werden, die anschließend mit den neuen Abläufen arbeiten werden. Wenn sie mitwirken können, steigt bei ihnen die Akzeptanz der neuen Vorgaben erheblich. Damit wächst auch die Chance, dass der Austausch des TMS durch einen „Neustart auf der Grünen Wiese“ zum gewünschten Erfolg wird.
Ein TMS abzulösen, das sämtliche Arbeitsbereiche abdeckt, fällt schwer. Deshalb ist die zweite wichtige Empfehlung, einzelne Teilbereiche zunächst durch Microservices abzulösen. Dieses Vorgehen dient zwei Zielen: Es erleichtert die Umstellung, weil sich so einzelne Prozesse auslagern und separat optimieren lassen. Dabei kann die Spedition einzelne Lösungen finden, die ihre jeweilige Aufgabe optimal nach dem Best-of-Breed-Ansatz bewältigen. Sie können filebasiert zum Beispiel per FTP in den Prozess integriert werden. Gleichzeitig eignen sich durch dieses Vorgehen deutlich mehr TMS für den Einsatz im jeweiligen Unternehmen – denn ihre Aufgabe ist dann bereits mit einer guten Unterstützung der Kernprozesse erfüllt. Die Zeiten großer monolithischer Systeme für die Transportsteuerung sind vorbei. Die Auftragsmanagementlösungen müssen nicht mehr so vielfältig sein wie die sprichwörtliche eierlegende Wollmilchsau. Software mit einem so umfangreichen Anspruch zu programmieren, würde unter den derzeitigen Marktbedingungen viel zu lange dauern, um mit dem Fortschritt und seiner Geschwindigkeit mithalten zu können. Je mehr Prozesse durch einzelne Microservices unterstützt werden, wie automatische Avisierung oder Auftragserfassung, desto geringer wird der Aufwand für den Austausch des TMS als Kernsystem.
Um Microservices nutzen zu können, benötigt ein neues TMS flexible offene Schnittstellen, vor allem eine API. Über sie ist es besonders einfach, diverse Services in den Gesamtprozess einzubinden und gleichzeitig mit Echtzeitinformationen aus sämtlichen angeschlossenen Systemen zu arbeiten. Ergänzt durch Event-Sourcing- oder Streaming-Plattformen ermöglichen sie eine vollständig digitale Auftragsbearbeitung sowie die Verknüpfung der gesamten Logistikkette. Das gibt den Dienstleistern insbesondere die Möglichkeit, Drittsysteme für einen optimalen Kundenservice zu integrieren, wie zum Beispiel ein Kundenportal, ein Track&Trace, eine Online-Auftragserfassung und ein Pricing-Tool für die automatische Kalkulation von Tagespreisen. Mit solchen Zusatzfunktionen gelingt es dem Spediteur, aktuelle Kundenerwartungen zu erfüllen. Gleichzeitig kann er immer wieder neue Services unkompliziert integrieren – ein strategischer Vorteil in einem Markt, der durch die Digitalisierung einem raschen Wandel unterliegt.
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