All-IP: Das müssen Sie über moderne Telefonanlagen wissen

Simon Rascher
Frau mit weißer Bluse telefoniert per All-IP über moderne Telefonanlage

Vor All-IP wurden verschiedene Datenströme wie Telefonie, Fernsehen, Fax usw. über eigene Infrastrukturen übertragen. Mit All-IP werden diese Datenströme zusammengefasst und auf der Basis des „Internet Protocol“ (kurz: IP) versendet und empfangen. Es ist die Grundlage für die Übertragung von Datenpaketen über das Internet. Als Synonym für All-IP wird gerne auch „Next Generation Network“ (NGN) herangezogen, welches das ISDN-Netz ersetzt.

Der wichtigste Bestandteil für die Telefonie ist Voice-over-IP oder kurz VoIP. Es bezeichnet die Umwandlung der Sprache in Datenpakete, die dann per Internet oder LAN versendet und auf der Gegenseite entschlüsselt werden, sodass der Empfänger die Sprache hören kann.


Herausforderungen durch All-IP

Unabhängig von Medium und Übertragung, ist Telefonie nach wie vor eine Echtzeitkommunikation. Daher brauchen die Sprachdatenpakete eine gewisse Priorisierung. Geht ein Datenpaket verloren, ist das Telefonat abgehackt, die Gesprächspartner haben einen zeitlichen Versatz oder im schlimmsten Fall bricht die Verbindung ab und der Anruf ist vorbei.

Mittels Quality of Service (QoS) wird der Datenverkehr so manipuliert, dass zu priorisierende Datenpakete von Netzwerkgeräten differenziert behandelt werden können. Damit werden echtzeitkritische Datenströme wie Sprache bevorzugt.


Flexibilität durch All-IP

Der größte Vorteil einer All-IP-Telefonanlage ist die hinzugewonnene Flexibilität. So wird die Nebenstelle nicht mehr durch die Telefonverkabelung bestimmt, sondern durch die IP-Adresse des Endgerätes – sprich des Telefons. Mitarbeiter können bei Umzügen in neue Büros die Telefone mitnehmen, dort an das Netzwerk anschließen und jeder Mitarbeiter behält seine Durchwahl.

Auch am Standort der Telefonanlage und der aufgeschalteten Telefonanschlüsse herrscht mehr Flexibilität. Eine nomadische (ortsunabhängige) Nutzung der Anschlüsse ist daher möglich. So kann ein Unternehmen mittels Standortvernetzung alle Standorte mit einer Telefonanlage versorgen und die Telefonanschlüsse auch aus unterschiedlichen Vorwahlbereichen auf eine zentrale Telefonanlage schalten. So kann beispielsweise eine zentrale Support-Abteilung für alle Unternehmensstandorte betrieben werden, obwohl der Kunde die bekannte Telefonnummer vom Hauptstandort wählt. Hier gibt es aber teilweise Beschränkungen durch die ITSP (Internet Telephony Service Provider) zu beachten wie der vertragliche Ausschluss nomadischer Nutzung oder eingeschränkte Bereitstellungsmöglichkeiten der Anbieter an allen Standorten.


Telefonanlagen aus der Cloud

Ebenso ist es möglich eine All-IP-Telefonanlage von proprietärer Hardware zu entkoppeln und auf Virtualisierungsumgebungen zu betreiben. Damit fallen auch die Grenzen in der Skalierbarkeit, welche durch Anzahl von Ports, Telefondosen, Baugruppen oder Steckplätzen bei klassischen Telefonverkabelungen noch vorhanden sind. Im Bereich der Endgeräte können über die Nutzung von SoftClients – also Software zum Telefonieren mit Headsets – auch die Telefone ganz wegfallen.

Gerade die Homeoffice-Anbindung von Mitarbeitern lässt sich hierdurch vielfältig umsetzen. So kann auch das Collaboration-Tool Microsoft Teams mit den All-IP-Telefonanlagen in mehreren Abstufungen verbunden werden. Entweder um nur den Status (Besetzt, Abwesend, Frei) zwischen Telefonanlage und MS Teams zu synchronisieren oder auch um Microsoft Teams als SoftClient zu nutzen. Dies kann durch das sogenannte Direct Routing mittels Session Border Controller (SBC) umgesetzt werden. Das heißt, die Anrufe werden über ein zertifiziertes Gateway (SBC) zwischen der Telefonanlage und MS Teams vermittelt.


Mehr Freiheiten für Redundanzen

Die Möglichkeiten für redundante Systeme sind mit All-IP deutlich zahlreicher geworden, denn die Beschränkungen durch starre Leitungswege entfallen. Oftmals konnten hier nur Systeme für den Enterprise-Bereich eine Umschaltung der Endgeräte auf eine zweite Instanz im Hot-Standby umschalten. Andere Nutzer mussten bei einem Ausfall eine zweite Telefonanlage physisch anschließen, was eine hohe Ausfallzeit bedeutet. Durch die Nutzung der IP-Telefonie können Standortvernetzungen georedundant aufgebaut werden. Bei einem Ausfall der Telefonanlage (Wegfall der Internetverbindung, Brand, Stromausfall etc.) am Hauptstandort, kann ein Failover auf eine zweite Telefonanlage an einem weiteren Standort die Telefonie unternehmensweit ohne merkliche Ausfallzeit übernehmen.


Fazit

Investieren lohnt sich

Die Umstellung der Netzbetreiber auf All-IP und damit die Abschaltung von ISDN ist in den letzten Zügen. Für viele Unternehmen lohnt es sich umzusteigen und in die Lösungen für All-IP-Systeme zu investieren. Denn durch den Wegfall einer zweiten Infrastruktur und die Entkoppelungen von der Hardware ist eine deutliche Kostenersparnis möglich – bei gleichzeitiger Erhöhung der Ausfallsicherheit. Die neue Übertragungstechnik bietet eine bessere Sprachqualität und ist durch die gesteigerte Flexibilität ein perfekter Bestandteil des Modern Workplace. Mit Hilfe eines erfahrenen Dienstleisters und einer guten Projektbetreuung bei der Implementierung eines IP-Kommunikationssystems, überwiegen für den Großteil der Unternehmen die Vorteile der neuen Technik.


Simon Rascher
Simon Rascher
Teamlead Software Development

Mit seiner Hands-on-Mentalität krempelt das Organisationstalent sprichwörtlich die Ärmel hoch und ist da, wenn er gebraucht wird. Das schätzt auch sein Team an dem sympathischen Franken. Als Teamlead der Softwareentwicklung im Webumfeld liegt sein Schwerpunkt im Teamaufbau und der Weiterbildung innerhalb seiner Abteilung.


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